Die selbstgewählte Fallhöhe des Elon Musk

Heute Abend startet die stärkste Rakete der Welt. Ihr Schöpfer kann nur gewinnen.

Falcon Heavy auf dem Launchpad 39a
Die Falcon Heavy auf dem historischen Launchpad 39a, auf dem unter anderem bereits die Mondraketen abhoben.

Wenn alle 27 Triebwerke fehlerfrei zünden und alle anderen Teile machen, wozu sie konstruiert wurden, hebt heute Abend (6.2. 18:30-21:30 UTC) erstmals die Falcon Heavy ab, die stärkste Rakete der Welt. Nicht nur für ihren Schöpfer, High-Tech-Impresario Elon Musk, auch für die Raumfahrt insgesamt wäre das eine großartige Nachricht. Es bedeutet, dass sich für alle sichtbar etwas in der Branche bewegt. Zwar verändert sich diese rapide – überall auf der Welt arbeiten kleine Start-ups an Klein-Satelliten und Micro Launchern – aber das findet für die Öffentlichkeit weitgehend verborgen statt.

Das ist bei Elon Musk und SpaceX sicher nicht der Fall. Musk hat reichlich Kritiker, was nicht zuletzt an seinem extrovertierten Umgang mit der Öffentlichkeit liegt. Im Vergleich zum verschwiegenen Amazon- und Blue Origin-Gründer Jeff Bezos lässt er keine Gelegenheit aus, konkret über seine Träume einer Mars-Mission zu sprechen, so fantastisch sie auch anmuten. Das unterscheidet ihn außerdem von den CEOs großer Luft- und Raumfahrt-Unternehmen wie Boeing, Lockheed Martin und Airbus, die sich niemals hinreißen lassen, ihre persönlichen Schwärmereien in einem technischen und zeitlichen Szenario zu umreißen. Zu groß ist ihre Angst, es könnten Zweifel an Seriosität und Realitätssinn aufkommen – was ihre Position an der Spitze eines großen Börsenriesen akut gefährden würde.

Elon Musks Tesla Roadster in der Ladebucht der Falcon Heavy
Elon Musks Tesla Roadster in der Ladebucht der Falcon Heavy

Musk macht aber nicht nur seine Gedankenwelt transparent, er definiert auch seine Fallhöhe selbst. Seinen eigenen Tesla Roadster als Nutzlast der ersten Falcon Heavy in eine Sonnenumlaufbahn zwischen Mars und Erde zu schießen – mit einer Astronautenpuppe am Steuer, und mit David Bowies „Star Man“ als Begleitsong, das ist ein Coup, der einem erst einmal einfallen muss. Sollte die 70 Meter hohe und 1400 Tonnen schwere Rakete es aber nicht schaffen, werden sich die Schleusen des Spotts öffnen. Dass Musk der Hybris der Technologie-Gläubigkeit verfallen sei, wird noch eine der ehrenhafteren Einschätzungen sein. Dass er ein Aufschneider und Blender sei, was man derzeit nur in gedämpfter Tonlage vernimmt, wird das vermutlich vorherrschende Urteil sein. Pech, wird sich Musk allerdings denken, der Tsunami an Aufmerksamkeit war es wert.

Ich hoffe, sie fliegt weit genug vom Startplatz weg, damit sie ihn nicht beschädigt. Das allein würde ich schon als Erfolg werten.

Elon Musk zum ersten Start der Falcon Heavy

Außerdem, so wird er seinen Kritikern entgegenschleudern, ist es meine Rakete, nicht eure. Denn eine weitere gute Nachricht, und zwar für alle, auch die Musk-Skeptiker: Im Vergleich zu staatlich geförderten Riesen-Projekten wie dem Space Launch System (SLS) der NASA kostet die Falcon Heavy den amerikanischen Steuerzahler nichts. Zwar wurde ihre Entwicklung zum großen Teil nur durch die ISS-Versorgungs-Verträge von SpaceX mit der NASA möglich, aber nur indirekt. Denn der Gewinn aus diesen Verträgen ist ja legitim erwirtschaftet. Was SpaceX mit seinen Unternehmensgewinnen anstellt, ist seine Sache. Die Falcon Heavy ist also keine Rakete, die direkt vom Staat gefördert wurde, sondern das Resultat einer Unternehmensinvestition. Das ist etwas, was die Politik gewöhnlich von Unternehmen sogar einfordert. Das sollte der europäischen Raumfahrt zu denken geben, ganz egal, ob die Falcon Heavy den Orbit erreicht oder auf der Startrampe explodiert. Und die nächste Falcon steht schon bereit.

Mehr zu Elon Musk und seinen Raketen unter „Goldrausch im All – Wie Elon Musk, Richard Branson und Jeff Bezos den Weltraum erobern

und zur Falcon Heavy vom Autor unter Welt.de (vom 2. Februar 2018): Countdown für die stärkste Rakete der Welt